Das Wichtigste zum Thema „Verlängerter Eigentumsvorbehalt“
Bezahlt der Käufer den Kaufpreis nicht sofort, kann sich der Eigentümer so lange das Eigentum an der Kaufsache vorbehalten, bis diese Schulden vollständig getilgt sind.
Ein verlängerter Eigentumsvorbehalt ist laut Definition eine vertragliche Vereinbarung, bei der sich der Verkäufer nicht nur das Eigentum an der Ware bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung vorbehält, sondern den Käufer gleichzeitig ermächtigt, die (noch unbezahlte) Ware weiter zu veräußern. Der Käufer tritt ihm dafür die (Kaufpreis-)Forderung ab, die er seinerseits durch die Weiterveräußerung erlangt. Wie das genau funktioniert, lesen Sie in diesem Abschnitt.
Wird eine unter Eigentumsvorbehalt erworbene Kaufsache an einen gutgläubigen Dritten weiterveräußert oder zu einem neuen Gegenstand weiterverarbeitet, ist der Verkäufer nicht mehr geschützt. Er verliert trotzdem das Eigentum. Um dies zu vermeiden, wählt man den verlängerten Eigentumsvorbehalt.
Inhalt
Einfacher und verlängerter Eigentumsvorbehalt einfach erklärt
Was ein einfacher Eigentumsvorbehalt ist, definiert der Gesetzgeber in § 449 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB):
„Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigentum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass das Eigentum unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen wird (Eigentumsvorbehalt).“
In einigen Situationen versagt dieses Mittel der Kreditsicherung jedoch. Dann muss der Eigentumsvorbehalt durch weitere Abreden ergänzt werden, zum Beispiel durch eine „Verlängerung“.
Am einfachsten lässt sich ein verlängerter Eigentumsvorbehalt am folgenden Beispiel erklären: Ein kleiner Fahrradhändler kauft im Großhandel Fahrräder ein und verkauft sie anschließend in seinem Geschäft weiter, noch bevor er diese vollständig bezahlt hat.
Für den Großhändler ist das eine prekäre Situation. Er liefert die Räder, ohne diese sofort bezahlt zu bekommen. Sobald der kleine Händler die Räder weiterverkauft, verliert der Großhändler rechtlich betrachtet das Eigentum daran, weil die Endabnehmer der Fahrräder gutgläubig Eigentum erwerben.
Selbst ein einfacher Eigentumserwerb – der Erwerb von Eigentum erst mit vollständiger Kaufpreiszahlung – würde den Großhändler in dieser Situation nicht vor dem Eigentumsverlust schützen. Der gutgläubige Eigentumserwerb der Endabnehmer hebelt den einfachen Eigentumserwerb aufgrund der gesetzlichen Regelungen aus.
Hier schafft ein verlängerter Eigentumsvorbehalt Abhilfe, der wie folgt funktioniert:
- Verkäufer und Vorbehaltskäufer vereinbaren einen Eigentumsvorbehalt: Der Vorbehaltskäufer erwirbt erst mit vollständiger Kaufpreiszahlung das Eigentum an der Ware.
- Der Verkäufer ermächtigt den Vorbehaltskäufer zur Weiterveräußerung der gekauften Sache an Dritte. Schließlich möchte er ja, dass der Vorbehaltskäufer Umsatz erwirtschaftet, um seine Verbindlichkeiten begleichen zu können.
- Mit der Weiterveräußerung erlischt aber der Eigentumsvorbehalt. Deshalb tritt der Vorbehaltskäufer im Gegenzug seine Forderungen an den Verkäufer ab, die er durch die Weiterveräußerung der Kaufsache erwirbt. Dabei darf der Vorbehaltskäufer die Forderungen trotzdem im eigenen Namen einziehen, muss das Geld aber sofort an den Verkäufer weiterleiten, bis seine Schulden vollständig beglichen sind.
Verlängerter Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungsklausel
Nehmen wir ein anderes Beispiel: Ein Maschinenbauer kauft einzelne Bauteile, um daraus Maschinen herzustellen. Er verarbeitet die Kaufsachen also weiter und stellt daraus etwas Neues her. Den Kaufpreis für die Bauteile bezahlt er in Raten.
Laut § 950 Abs. 1 BGB erwirbt der Maschinenbauer mit der Verarbeitung der Produktionsteile Eigentum an der daraus hergestellten Maschine, während das Eigentum des Lieferanten an den Teilen erlischt. An diesem gesetzlichen Eigentumserwerb ändert auch ein (einfacher) Eigentumsvorbehalt nicht.
Um dieses Dilemma zu umgehen, kann ein verlängerter Eigentumsvorbehalt mit einer Verarbeitungsklausel verbunden werden. Bei einer solchen Vereinbarung sind sich die Vertragsparteien (Verkäufer und Vorbehaltskäufer) einig, dass der Verkäufer – in unserem Fall der Lieferant der Bauteile – als Verarbeiter im Sinne des § 950 BGB gilt. So kann das Eigentum an der neuen Sache – den Maschinen – vorab vertraglich übereignet werden.
Globalzession und verlängerter Eigentumsvorbehalt
In der Praxis haben Unternehmen aber mehrere Geschäftspartner und jeder davon ist darauf bedacht, seine Forderungen bestmöglich abzusichern. Das kann zu Interessenkonflikten führen, zum Beispiel wenn ein verlängerter Eigentumsvorbehalt mit einer Globalzession kollidiert.
Banken nutzen dabei die Globalabtretung als Kreditsicherheit, während Lieferanten ihre Kaufpreisforderung über einen verlängerten Eigentumsvorbehalt absichern. Wenn beide Sicherungsmittel miteinander konkurrieren, kann das schnell zu einem Rechtsstreit führen, wie etwa im folgenden Szenario:
- Ein Unternehmen kauft Bauteile für die Herstellung von Maschinen und bezahlt diese in Raten. Ein verlängerter Eigentumsvorbehalt sichert sich die Ratenzahlung ab: Der Lieferant erlaubt dem Unternehmen die Weiterverarbeitung der Bauteile und die Veräußerung der Maschinen und lässt sich dafür die Kaufpreisforderungen für die verkauften Maschinen abtreten.
- Allerdings hat das Unternehmen schon vor dieser Vereinbarung einen Kredit bei einer Bank aufgenommen und zur Absicherung alle Kaufpreisforderungen aus dem Verkauf seiner Maschinen an die Bank abgetreten. Die beiden haben also eine Globalzession miteinander vereinbart.
- Aufgrund der zuerst erfolgten Globalzession kann das Unternehmen seine Kaufpreisforderungen gar nicht mehr an den Lieferanten der Bauteile abtreten. Eine mehrfache Forderungsabtretung ist nicht möglich, weil man die Forderung schon mit der ersten Abtretung verliert.
- Kollidieren verlängerter Eigentumsvorbehalt und Globalzession miteinander, so gilt der Prioritätsgrundsatz. Danach ist nur die zeitlich erste Abtretung wirksam, die zweite ist es nicht. Allerdings ist eine Globalzession unwirksam, wenn sie auch künftige Forderungen umfasst, die der Abtretende – also das Unternehmen in unserem Beispiel – branchenüblich an seinen Warenlieferanten abtreten muss.
Der Unwirksamkeit einer Globalzession lässt sich aber mit einer sogenannten dinglichen Teilverzichtserklärung vorbeugen. Dafür vereinbaren die Parteien – Bank und Unternehmen – dass Forderungen aus einem branchenüblichen verlängerten Eigentumsvorbehalt grundsätzlich Vorrang vor der Globalzession haben.