Das Wichtigste zur Pfändung im Ausland
Eine Vollstreckung ist auch im Ausland möglich. Innerhalb der EU stehen dafür verschiedene Rechtsgrundlagen zur Verfügung, die wir hier auflisten.
Für die Pfändung im Ausland ist in der Regel der Gerichtsvollzieher oder eines Vollstreckungsorgan des Vollstreckungsstaats zuständig.
Ja, die europäischen Kontopfändungsverordnung (EuKoPfVO) ermöglicht tatsächlich eine grenzüberschreitende Kontopfändung, die wir an dieser Stelle näher erläutern.
Inhalt
Kann im Ausland vollstreckt werden?
Sitzt ein Schuldner im Ausland und zahlt trotz Mahnungen nicht, so stellt sich die Frage, ob sich die Geldforderung auch mithilfe einer Pfändung im Ausland durchsetzen lässt.
Innerhalb der Europäischem Union (EU) stehen dem Gläubiger folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
- Vollstreckung aus einem deutschen Schuldtitel nach der Brüssel Ia-Verordnung (EU-VO Nr. 1215/2012)
- Europäisches Verfahren für geringfügige Geldforderungen unter 5.000 € (EG-VO Nr. 861/2007)
- Europäischer Vollstreckungstitel für unstrittige Forderungen (EuVTTO)
- Europäischer Zahlungsbefehl im Europäischen Mahnverfahren
Vollstreckung in den EU-Mitgliedsstaaten (EU-VO Nr. 1215/2012)
Die 2015 in Kraft getretene Verordnung VO (EU) Nr. 1215/2012 erleichtert die Pfändung im EU-Ausland enorm. Dafür genügt ein in Deutschland ausgestellter Vollstreckungstitel, insbesondere ein Urteil.
Eine Vollstreckbarkeitserklärung (sog. Exequatur) ist dafür genauso wenig erforderlich wie eine vollständige Übersetzung des gesamten Vollstreckungstitels. Stattdessen genügt eine Ausfertigung des Urteils sowie das ausgefüllte Formblatt nach Artikel 53 der Brüssel Ia-Verordnung.
Der Gläubiger lässt sich im Ursprungsland eine Vollstreckungsbescheinigung ausstellen, die alle für die Pfändung im EU-Ausland erforderlichen Angaben enthält. Diese Bescheinigung muss der Gläubiger gegebenenfalls übersetzen lassen.
Für die Ausstellung der Vollstreckungsbescheinigung ist laut § 1110 ZPO das Gericht zuständig, dem „die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels obliegt.“ Es prüft dabei weder die Wirksamkeit noch die Berechtigung des Titels. Bei der Ausstellung der Bescheinigung erfolgt in der Regel keine Anhörung des Schuldners.
Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen (EG-VO Nr. 861/2007)
Gläubiger, die eine Pfändung im EU-Ausland anstreben, um eine geringfügige Forderung einzutreiben, können unter folgenden Voraussetzungen ein vereinfachtes europäisches Verfahren durchlaufen:
- Beide Parteien haben ihren Wohnsitz innerhalb der Europäischen Union.
- Es handelt sich um einen grenzüberschreitenden Rechtsstreit innerhalb der EU (Dänemark ausgenommen).
- Der Streitwert der Forderungen beträgt höchstens 5.000 €. Ob die Forderung unstrittig oder bestritten ist, spielt dabei keine Rolle.
- In dem Rechtsstreit geht es um eine zivil- oder handelsrechtliche Angelegenheit. Familien-, erb- und arbeitsrechtliche Streitigkeiten sowie Insolvenzfälle sind allerdings von diesem Verfahren ausgenommen.
Dieses vereinfachte Verfahren zur Pfändung im Ausland bietet gleich mehrere Vorteile:
- Es handelt sich um ein rein schriftliches Verfahren. Zu einer mündlichen Verhandlung kommt es nur, wenn eine Partei dies beantragt.
- Eine anwaltliche Vertretung ist nicht erforderlich.
- Anders als beim Europäischen Mahnverfahren lassen sich in diesem Verfahren nicht nur Geldforderungen durchsetzen, sondern auch Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche, beispielsweise Fluggastrechte.
- Das Verfahren ist vergleichsweise schnell und kostengünstig.
Pfändung im Ausland wegen einer unbestrittenen Forderung (EuVTTO)
Der Europäische Vollstreckungstitel (EuVT) für unstrittige Forderungen nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 erleichtert die grenzüberschreitende Vollstreckung.
Auf diesem Wege kann sich der Gläubiger vor allem folgende Titel als Europäischen Vollstreckungstitel bestätigen lassen: einen Vergleich, ein Anerkenntnisurteil oder Versäumnisurteil, einen Vollstreckungsbescheid oder eine öffentliche Urkunde.
Dafür stellt der Gläubiger einen entsprechenden Antrag an das Gericht, welches den Titel erlassen hat. Mit dem Europäischen Vollstreckungstitel kann er anschließend unmittelbar die Pfändung im Ausland veranlassen und beispielsweise einen Gerichtsvollzieher im Vollstreckungsstaat beauftragen.
Achtung: Die Regelungen zum Europäischen Vollstreckungstitel sind nicht anwendbar, wenn ein Unternehmen gegen einen Verbraucher vollstrecken möchte.
Grenzüberschreitende Pfändung von einem Konto im Ausland
Mitunter verfügen Schuldner auch im Ausland über Bankkonten und Guthaben. Die europäischen Kontopfändungsverordnung (EuKoPfVO) bietet Gläubigern innerhalb der Europäischen Union (Dänemark ausgenommen) die Möglichkeit, ihre Geldforderungen grenzüberschreitend zu sichern und einzutreiben. Dafür benötigen sie vorerst hoch keinen Vollstreckungstitel.
Diese europäische Kontopfändung soll verhindern, dass Schuldner ihr Vermögen im Ausland sichern und so eine Zwangsvollstreckung vereiteln. Dabei findet noch keine wirkliche Pfändung in Ausland statt. Es handelt es sich zunächst nur um eine vorläufige Sicherungsmaßnahme. Dabei wird das Bankguthaben des Schuldners eingefroren. Zur Auszahlung des gepfändeten Geldbetrags kommt es erst, wenn der Gläubiger den Vollstreckungstitel vorlegt.
Der Gläubiger beantragt in seinem Heimatland beim zuständigen Gericht eine europäische Kontopfändung. Außerdem kann er die Einholung von Kontoinformationen bei der zuständigen Auskunftsbehörde beantragen.
Für beides müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Wohnsitz bzw. die Niederlassung des Gläubigers befindet sich in einem EU-Mitgliedsstaat.
- Es handelt sich um eine zivil- oder handelsrechtliche Angelegenheit. Hiervon ausgenommen sind erb- und steuer- Sachen.
- Es wurde kein Insolvenzverfahren gegen den Schuldner wegen der Angelegenheit eröffnet.
Nach Erlass des vorläufigen Pfändungsbeschlusses wird dieser der betreffenden Bank zugestellt. Sie ist als Drittschuldner verpflichtet, den im Beschluss angegebenen Betrag zu sichern und dafür zu sorgen, dass der Schuldner keinen Zugriff darauf hat. Der Schuldner erfährt erst im Nachgang von diesem Verfahren.
Pfändung wegen Unterhalt im Ausland
Nicht ganz so einfach gestaltet sich die Lage, wenn es einen grenzüberschreitenden Aspekt bei der Pfändung wegen nicht geleistetem Kindesunterhalt gibt. Hier sind verschiedene Fallkonstellationen denkbar:
- Pfändung, wenn die unterhaltsberechtigte Person (das Kind) im Ausland lebt: Wenn es bereits einen deutschen Unterhaltstitel gibt und das Kind erst danach ins Ausland gegangen ist, kann der Unterhalt ganz normal in Deutschland vollstreckt werden. Dann muss nur die Frage geklärt werden, ob die Pfändung in Deutschland oder vom Ausland erfolgen soll. Die Unterhaltszahlungen fließen dann ins Ausland.
- Pfändung im Ausland, wenn die unterhaltspflichtige Person nicht in Deutschland lebt: Lebt das Kind in Deutschland, so ist das deutsche Unterhaltsrecht ausschlaggebend. Es kann jedoch sein, dass die Unterhaltsansprüche an die Kaufkraft der Fremdwährung angepasst werden muss. Für die eigentliche Pfändung sollte ein Anwalt eingeschaltet werden, der unter anderem prüft, ob es entsprechende Abkommen zwischen den Staaten gibt.
Aufgrund der familienrechtlichen Besonderheiten empfiehlt es sich immer, einem spezialisierten Anwalt zu konsultieren, der auch mit grenzüberschreitenden Angelegenheiten vertraut ist.