Das Wichtigste zum Leitzins
Der Leitzins beschreibt die Zinsen, zu dem sich die Geschäftsbanken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) Geld leihen können. In der Regel ist damit der Hauptrefinanzierungszinssatz als der wichtigste Leitzins gemeint. Außerdem gibt es noch den Spitzenrefinanzierungszinssatz und den Einlagenzinssatz. An dieser Stelle erklären wir die drei Arten von Leitzinsen genauer.
In der Regel wird die EZB den Leitzins nur erhöhen, um einer zu starken Inflation entgegenzuwirken. Sie versucht mit dieser Maßnahme, indirekt Einfluss auf die Preisentwicklung zu nehmen. Lesen Sie hierzu auch unseren Ratgeber „Leitzins und Inflation“.
Der wichtigste Leitzins der EZB, der Hauptrefinanzierungszinssatz, liegt aktuell bei 3,75 % (Stand: Mai 2023). Zu diesem Zinssatz können sich die Geschäftsbanken bei der Europäischen Zentralbank Geld leihen.
Inhalt
Leitzins einfach erklärt: Definition
Als Leitzins wird der Zinssatz bezeichnet, zu dem sich die Geschäftsbanken Geld bei der Zentralbank leihen können. Im Bereich der Europäischen Union (EU) legt die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins fest – und zwar nach eigenem Ermessen, unabhängig von den Regierungen der Mitgliedsstaaten. Sie ist nicht an Weisungen gebunden und unterliegt auch keiner Kontrolle durch die Mitgliedsstaaten.
Um genau zu sein, gibt es nicht nur einen Leitzins. Die EZB legt vielmehr drei verschiedene Zinssätze fest:
- Hauptrefinanzierungszinssatz: Der auch als „Wochentender“ oder „Haupttender“ bezeichnete Zinssatz ist der eigentliche, offiziell wichtigste Zins, den die EZB festlegt. Er bezeichnet den Zinssatz, zu dem sich Banken für die reguläre Laufzeit von einer Woche Geld von der EZB leihen können. Wenn in den Medien vom Leitzins die Rede ist, ist meistens dieser Zins damit gemeint.
- Spitzenrefinanzierungszinssatz (Übernachtkredit): Zu diesem Zinssatz können sich Geschäftsbanken kurzfristig für einen Geschäftstag – quasi über Nacht – Geld von der EZB leihen. In der Regel ist er höher als der Hauptrefinanzierungszinssatz. Außerdem bildet er die Obergrenze für den Tagesgeldzinssatz, weil die Geschäftsbanken untereinander keinen höheren Zinssatz bezahlen wollen als für einen Übernachtkredit bei der EZB
- Einlagenzinssatz: Er beschreibt den Zinssatz, zu dem Geschäftsbanken bei der EZB Geld bis zum folgenden Geschäftstag hinterlegen können. Er fungiert als Untergrenze für den Tagesgeldzinssatz.
Wenn eine Geschäftsbank einen Kredit der EZB in Anspruch nehmen möchte, muss sie dafür Sicherheiten hinterlegen, beispielsweise Wertpapiere. Damit soll die Kreditrückzahlung sichergestellt werden.
Der Leitzins ist ein wichtiges Instrument der Geldpolitik, mit dem die Europäischen Zentralbank das Wirtschaftswachstum, die Inflation und den Währungskurs beeinflussen kann. Dieser Einfluss erfolgt allerdings nur indirekt, weil die Preise durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden und nicht etwa von staatlicher Seite.
Leitzins und seine Bedeutung für den Geldmarkt
Als es noch die Deutsche Mark gab, hat die Deutsche Bundesbank zusammen mit der Notenbank den Leitzins für Deutschland festgelegt. Nun ist die EZB im gesamten Euro-Währungsraum dafür zuständig.
Die Europäische Zentralbank ist allerdings keine Bank im klassischen Sinne. Ihre Aufgabe ist es, für eine niedrige Inflationsrate und ein stabiles Preisniveau zu sorgen. Sie steuert den Geld- und Kapitalmarkt, Indem sie den Leitzins anhebt oder senkt:
- Um die Wirtschaft zu beleben, kann die EZB den Leitzins senken. Wenn die Geschäftsbanken den niedrigeren Zins an ihre Kunden weitergeben, steigt die Nachfrage an Krediten. Verbraucher und Investoren sind dann eher bereit, Kredite aufzunehmen, um zu konsumieren bzw. zu investieren. Diese Maßnahme wird auch als expansive Geldpolitik bezeichnet.
- Demgegenüber ist von einer restriktiven Geldpolitik die Rede, wenn die EZB eine Leitzinserhöhung vornimmt. Diese Maßnahme hemmt das Wirtschaftswachstum und damit auch die Inflation. So wirkt sich der Leitzins auch auf die Preisentwicklung aus, weil die Inflationsrate durch die Erhöhung der Zinsen abgeschwächt werden kann. Kredite werden teurer und die Verbraucher neigen eher zum Sparen als zum Geldausgeben.
Wie sich die Leitzins-Entwicklung auf Verbraucher auswirkt
Zwar kann die EZB mit ihrem Leitzins und dessen Erhöhung oder Senkung nur indirekt Einfluss auf das Preisniveau nehmen. Dennoch wirkt sich ihr Handeln auf die gesamte Volkswirtschaft aus.
Insbesondere in der Immobilienbranche macht sich eine Leitzinserhöhung der EZB bemerkbar – mitunter reagieren die Geschäftsbanken bereits auf entsprechende Ankündigungen der Europäischen Zentralbank mit einer Zinsanpassung. Das bekommen dann auch die Verbraucher zu spüren:
Vor allem Menschen, die derzeit einen Immobilienkredit abzahlen oder aufnehmen wollen, bekommen die Zinspolitik zu spüren. Denn wenn infolge einer Leitzinserhöhung auch die Bauzinsen steigen, dann steigt auch die Monatsrate bei einer Immobilienfinanzierung. Das merken zum Beispiel Bankkunden, die eine Anschlussfinanzierung für ihren Kredit benötigen.
2022 begann die EZB, ihre Geldpolitik zu ändern und erhöhte den Leitzins mehrmals, um die Inflation zu bekämpfen. Bis dahin lagen die Zinsen auf einem historisch tiefen Niveau. Das war gut für Menschen, die einen Kredit benötigten, und schlecht für Sparer.
Steigende Zinsen sollten Geldanlagen wie Festgeld und Tagesgeld eigentlich wieder rentabler machen, allerdings erhöhen die Banken den Einlagenzinssatz für Sparguthaben nur zögerlich, während sie Zinserhöhungen für Kredite sofort an ihre Kunden weiterreichen.
Eine Erhöhung vom Leitzins wirkt sich nicht unbedingt auf den Aktienmarkt aus. Vielmehr kann es sogar vorkommen, dass die Aktienkurse steigen, obwohl die Zinsen steigen. Zinsen und Aktienkurse hängen also nicht fest zusammen, sondern entwickeln sich eher unabhängig voneinander.