Einige Arbeitgeber zahlten ihren Beschäftigten eine Corona-Prämie, ein willkommener Geldsegen, der aber auch schnell die Gläubiger oder den Insolvenzverwalter auf den Plan rief. Schnell stand die Frage im Raum, ob diese Corona-Prämie pfändbar ist oder nicht. In dem Fall eines Busfahrers, der im öffentlichen Personennahverkehr arbeitet, hat das LAG Berlin-Brandenburg diese Frage nun bejaht: Die Prämie gehört zum pfändbaren Arbeitseinkommen (Urteil vom 23.2.3022, Az. 23 Sa 1254/21). Diese Entscheidung gilt aber nicht zwangsläufig für alle Arbeitnehmer.
Tariflich vereinbarte Corona-Prämie ist keine Erschwerniszulage und deshalb pfändbar
Ein im Personennahverkehr angestellter Busfahrer hatte im Rahmen seiner Privatinsolvenz den pfändbaren Anteil seines Arbeitseinkommens an den Insolvenzverwalter abgetreten. Als sein Arbeitgeber ihm eine tarifvertraglich vereinbarte Corona-Prämie auszahlte, behielt er einen Teil dieser Prämie ein und überwies sie an den Insolvenzverwalter – mit der Begründung, dass die Corona-Prämie pfändbar sei.
Der Busfahrer klagte dagegen und verlangte die Auszahlung in voller Höhe, weil er die Auffassung vertrat, dass die Prämie nicht zum pfändbaren Arbeitseinkommen gehöre. Das LAG schloss sich allerdings der Ansicht des Arbeitgebers an. Die Corona-Prämie sei pfändbar – aus den folgenden Gründen:
- Zwar sind bestimmte Teile des Arbeitseinkommens unpfändbar, wie etwa sogenannte Gefahren- und Erschwerniszulagen im Sinne des § 850a Nr. 3 ZPO. Diese erhalten Beschäftigte zusätzlich zu ihrem Gehalt als Ausgleich für außergewöhnlich hohe Belastungen.
- Allerdings sei die tariflich vereinbarte Corona-Prämie nicht als eine solche Erschwerniszulage einzuordnen. Denn nach den Bestimmungen des Tarifvertrags sollten alle Mitarbeiter diese Prämie erhalten – und zwar unabhängig davon, welche Arbeitsleistung sie erbringen und ob sie aufgrund der Pandemie besonderen Belastungen ausgesetzt waren.
Im Pflegebereich ist Corona-Prämie möglicherweise nicht pfändbar
Es darf allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei dem Urteil des LAG Berlin-Brandenburg um eine Einzelfallentscheidung handelt. Die Richter wiesen ausdrücklich darauf hin, dass die Corona-Prämie in anderen Branchen möglicherweise auch anders zu bewerten sei.
Gerade Pflegekräfte hatten aufgrund der Corona-Pandemie mit besonderen Belastungen zu kämpfen, sodass deren Corona-Prämie als Erschwerniszulage im Sinne des § 850a Nr. 3 ZPO gewertet werden könne. Doch auch hier dürfte es immer darauf ankommen, ob der Arbeitnehmer pflegebedürftige Menschen unmittelbar betreut oder ob er in einem Bereich arbeitet, in dem die Belastungen durch die Pandemie nicht zu spüren waren.
Das LAG hält die Frage, ob eine Corona-Prämie pfändbar ist oder nicht, von so grundsätzlicher Bedeutung, dass es die Revision vor dem Bundesgerichtshof ausdrücklich zugelassen hat.
Ratgeber zur Pfändung von Arbeitseinkommen