Das Wichtigste über die kalte Progression
Kalte Progression bedeutet laut Definition, dass jemand trotz Gehaltserhöhung infolge der Steuerprogression, also des steigenden Einkommenssteuersatzes, ein geringeres Netto-Realeinkommen hat. Anders ausgedrückt: Eine einfache Erklärung finden Sie in diesem Abschnitt.
Die kalte Progression ist besonders belastend, wenn der Arbeitgeber mit der Gehaltserhöhung lediglich die Inflation ausgleicht. Hier finden Sie ein Anschauungsbeispiel, das beschreibt, was die kalte Steuerprogression bewirkt.
Eine Lösung wäre es, wenn der Gesetzgeber den Steuertarif jedes Jahr an die Inflationsrate angleicht, wie es beispielsweise in der Schweiz, Frankreich oder den USA gang und gäbe ist.
Inhalt
Was ist eine kalte Progression?
Stellen Sie sich vor, Ihr Chef bewilligt Ihnen eine Gehaltserhöhung und trotzdem können Sie sich immer weniger von Ihrem Gehalt leisten, weil im Laufe der Zeit Folgendes passiert:
- Je höher Ihr Einkommen ist, desto mehr steigt auch der Steuersatz. Das nennt sich Steuerprogression.
- Aufgrund der Inflation steigen die Preise stetig an, sodass das Geld im Laufe der Zeit immer mehr an Wert.
Kalte Progression bedeutet also: Obwohl Ihr Gehalt inflationsbedingt an Kaufkraft verliert, müssen Sie aufgrund der Gehaltserhöhung mehr Einkommenssteuern bezahlen und werden infolge dessen immer stärker belastet, denn:
- Auf dem Gehaltszettel haben Sie zwar mehr Geld, also ein höheres Nominaleinkommen und müssen unter Umständen dementsprechend mehr Einkommenssteuern bezahlen. Dieses Nominaleinkommen berücksichtigt aber nicht die tatsächliche Kaufkraft des Geldes.
- Ihr Realeinkommen ist aber deutlich niedriger, weil sie aufgrund der gestiegenen Preise weniger Waren und Dienstleistungen dafür kaufen können.
Wichtig: Es findet also eine schleichende Steuererhöhung statt, wenn der Gesetzgeber nichts gegen diese Entwicklung unternimmt. Etwas komplizierter ausgedrückt, bezeichnet die kalte Progression die steuerliche Mehrbelastung, die entsteht, wenn der Gesetzgeber den Steuersatz nicht an die Inflation anpasst.
Ab wann greift die kalte Progression? Ein Rechenbeispiel
Angenommen Ihr Bruttogehalt beträgt 3.500 € monatlich und Sie sind in Steuerklasse I. Ihr Chef erhöht Ihren Bruttolohn um 3 % – also um 105 € brutto. Davon bleiben Ihnen aber netto nur 54,16 €, das sind gerade mal 2,35 %.
Ursache für diese Differenz ist der höhere Steuersatz, den Sie aufgrund dessen höheren Bruttoeinkommens von nunmehr 3.605 € bezahlen müssen. Die steuerliche Belastung wächst also stärker als Ihr Bruttoeinkommen – von 14,69 % auf 15,03 %.
Doch damit nicht genug: Gleichzeitig steigen die Preise infolge der Inflation. Schon bei einer Inflationsrate von 1 % bleiben von der Gehaltserhöhung nur noch 1,35 %. Eine Inflationsrate von mehr als 7 % würde eine solche Gehaltserhöhung beispielsweise komplett auffressen.
Insbesondere Geringverdienern und Menschen mit einem Einkommen im mittleren Bereich macht die kalte Progression besonders zu schaffen, während Spitzenverdiener kaum darunter leiden. Warum? Grund ist das Einkommenssteuersystem mit der relativ steilen Progressionskurve bei kleinen und mittleren Einkommen:
- Bis zu 11.604 € jährlich bleiben als Grundfreibetrag steuerfrei (Stand: 2024).
- Nach dem Grundfreibetrag steigt die Steuerprogression sehr steil an.
- Erst ab einem jährlichen Einkommen von 66.761 € (Stand: 2024) liegt der Einkommenssteuersatz bei konstanten 42 %.