Insolvenzanfechtung gemäß InsO einfach erklärt

Das Wichtigste zur Insolvenzanfechtung

Was bedeutet Insolvenzanfechtung?

Mithilfe der Insolvenzanfechtung kann der Insolvenzverwalter Zahlungen, die vor dem Insolvenzverfahren getätigt wurden, zurückverlangen. Auch andere Rechtshandlungen, welche andere Gläubiger benachteiligen, lassen sich so rückgängig machen.

Welchen Sinn hat die Insolvenzanfechtung?

Eine Insolvenzanfechtung dient in erster Linie dem Gläubigerschutz. Der Insolvenzverwalter sorgt auf diese Weise dafür, dass kein Gläubiger bevorteilt oder benachteiligt wird.

Aus welchen Gründen ist eine Insolvenzanfechtung möglich?

Die Gründe einer Insolvenzanfechtung ergeben sich aus §§ 130 ff. Insolvenzordnung (InsO). Hier haben wir die Anfechtungsgründe näher für Sie beschrieben.

Insolvenzanfechtung: Was ist das?

Insolvenzanfechtung: Unter welchen Voraussetzungen kann diese stattfinden?
Insolvenzanfechtung: Unter welchen Voraussetzungen kann diese stattfinden?

Die Insolvenzanfechtung ermöglicht einem Insolvenzverwalter Rechtshandlungen, die vor einem Insolvenzverfahren von einem Schuldner vorgenommen wurden, innerhalb des Verfahrens rückgängig zu machen.

Welchen Zweck erfüllt also eine Insolvenzanfechtung? Einfach erklärt, eine Insolvenzanfechtung erlaubt es dem Insolvenzberater beispielsweise Zahlungen, die von einem Schuldner vor der Insolvenz getätigt wurden, von dem jeweiligen Empfänger zurückzuholen, obwohl diese dem Empfänger laut Vertrag eigentlich zustehen.

Das Insolvenzanfechtungsrecht wird in § 129 der Insolvenzordnung (InsO) geregelt:

Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

Insolvenzanfechtung: Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein?

Grundsätzlich gilt, dass bei der Anfechtung laut Insolvenzrecht ein Anfechtungsgrund vorliegen muss, die eine Zurückforderung der Zahlungsleistungen rechtfertigt. Die möglichen Gründe sind unter §130 bis §137 der InsO geregelt. Eine Grundvoraussetzung ist, dass sich aus den Rechtshandlungen eine Benachteiligung für die Gläubiger ergibt.

Wird ein Insolvenzerfahren eröffnet, wird aus dem Vermögen, das der Schuldner zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung besitzt, die Insolvenzmasse gebildet. Dabei sind Zwangsvollstreckungen und Vermögensverschiebungen im Vorfeld des Verfahrens problematisch.

  • Zwangsvollstreckungen: Vor einer drohenden Insolvenz versuchen einzelne Gläubiger mittels einer Zwangsvollstreckung Ihre Forderungen zu befriedigen. Zwangsvollstreckungen sind innerhalb des Insolvenzverfahrens nämlich nur noch eingeschränkt möglich.
  • Vermögensverschiebungen: Überträgt der Schuldner vor einem absehbaren Insolvenzverfahren Vermögenswerte an Dritte, zum Beispiel an Angehörige, werden diese nicht Teil der Insolvenzmasse.

Das Vermögen des Schuldners wird durch diese Maßnahmen verkleinert und somit steht im Insolvenzverfahren eine geringere Insolvenzmasse zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung. Andere Gläubiger könnten dadurch leer ausgehen. Um dem entgegenzuwirken, kann nach Insolvenzrecht eine Anfechtung durchgeführt werden.


Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens wird ein Insolvenzverwalter eingesetzt, der die Vermögenswerte sammelt. Das Ziel eines Insolvenzverfahrens ist es, die vorhandene Vermögensmasse unter allen Gläubigern gleichmäßig zu verteilen. Wichtig ist, dass hierbei keiner der Gläubiger bevorteilt oder benachteiligt wird. Im Vordergrund steht also bei der Insolvenzanfechtung, die Gesamtheit der Gläubiger zu schützen.

Fälle wie Zwangsvollstreckungen, Bestellungen von Sicherheiten und Vermögensverschiebungen können nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens besonders leicht angefochten werden und sind deshalb auch besonders häufig Gegenstand der Insolvenzanfechtung.

Wie läuft eine Insolvenzanfechtung ab?

Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens wird der Insolvenzverwalter die Rechtshandlungen auf ihre Anfechtbarkeit prüfen. Ist eine Handlung anfechtbar, wird der Insolvenzverwalter den entsprechenden Gläubiger kontaktieren. Dies kann er vollkommen selbstständig und nach eigenem Ermessen tun. Das heißt, er braucht für eine Anfechtung in der Insolvenz keine Zustimmung oder Einwilligung der Gläubiger.

Zweifelt der Gläubiger die Begründung für die Insolvenzanfechtung an, kann das ein Gerichtsverfahren nach sich ziehen.
Gläubiger haben die Möglichkeit, eine Insolvenzanfechtungsversicherung abzuschließen, die sie vor Risiken der Insolvenzanfechtung schützen.

Insolvenzanfechtung und Zinsen

Insolvenzanfechtung: Welche Zinsen fallen an?
Insolvenzanfechtung: Welche Zinsen fallen an?

Bei einer Insolvenzanfechtung fallen pro Jahr üblicherweise Zinsen von fünf Prozent über dem Basiszinssatz an. Früher war es so, dass Zinsen seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig waren und sie sich so über viele Jahre angehäuft haben.

Seit 2017 fallen die Zinsen erst ab dem Zeitpunkt an, ab dem der Zahlungspflichtige im Verzug ist. Das bedeutet, dass der Insolvenzverwalter schon gemahnt hat oder im Vorhinein eine Frist gesetzt, die verstrichen ist.

Gründe für eine Insolvenzanfechtung

Im Folgenden sollen für die Gründe einer Insolvenzanfechtung einige Beispiele gegeben und erläutert werden. Bei allen Gründen für eine Insolvenzanfechtung ist eine Frist entscheidend. Ist diese Frist abgelaufen, tritt bei der Insolvenzanfechtung eine Verjährung ein.

Kongruente Deckung nach § 130 der InsO

Wichtig ist hierbei, dass der Gläubiger, der durch die Zahlung eine Sicherung oder Befriedigung erhielt, über die Zahlungsunfähigkeit Bescheid wusste. Demnach ist eine Rechtshandlung bereits dann anfechtbar, wenn sie:

  • in den drei Monaten unmittelbar vor dem Insolvenzverfahren vorgenommen wurde und der Gläubiger von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wusste. Entscheidend ist hierbei das Datum des Geldeingangs.
  • nach Eröffnung des Insolvenzerfahrens vorgenommen wurde und der Gläubiger zum Zeitpunkt der Handlung Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hatte.

Bei Personen, die dem Schuldner nahestehen, wird grundsätzlich vermutet, dass sie von der Zahlungsunfähigkeit wussten.

Inkongruente Deckung nach § 131 der InsO

Der Gläubiger erhielt vereinfacht gesagt eine Befriedigung oder Sicherung, obwohl diese ihm nicht, nicht in der Art oder zu diesem Zeitpunkt nicht zustanden. Genauer gesagt ist eine Rechtshandlung anfechtbar, wenn sie:

  • im letzten Monat vor Einleitung des Insolvenzverfahrens getätigt wurde
  • innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Insolvenzverfahren getätigt wurde und bei dem Schuldner zu dem Zeitpunkt eine Zahlungsunfähigkeit vorlag
  • innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens getätigt wurde und dem Gläubiger zu dem Zeitpunkt bekannt war, dass daraus eine Benachteiligung der anderen Gläubiger resultiert

Dazu zählen zum Beispiel Zwangsvollstreckungen, nicht fällige Zahlungen und für Zahlungen, die unter Druck getätigt werden.

Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen nach § 132 der InsO

Wann tritt die Verjährung bei der Insolvenzanfechtung ein?
Wann tritt die Verjährung bei der Insolvenzanfechtung ein?

Hier ist eine Rechtshandlung anfechtbar, wenn die Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Auch hier gilt wieder, dass die Rechtshandlung angefochten werden kann, wenn sie in den drei Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder danach getätigt wurde und wenn der Schuldner zu dieser Zeit zahlungsunfähig war und wenn dies bekannt war.

Vorsätzliche Benachteiligung nach § 133 der InsO

Nach § 133 InsO ist eine Rechthandlung anfechtbar, wenn der Schuldner diese in den zehn Jahren vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder danach vorgenommen hat und der Vorsatz einer Benachteiligung der Gläubiger vorlag und der durch diese Rechtshandlung bevorteilte Schuldner davon wusste.

Es muss nicht unbedingt ein Zusammenwirken der beiden Parteien stattgefunden haben. Erhielt der Gläubiger dadurch eine Befriedigung oder Sicherung, verkürzt sich der Zeitraum auf vier Jahre. Rechtshandlungen, die von Dritten vorgenommen wurden, zählen nicht dazu.

Unentgeltliche Leistung nach § 134 der InsO

Eine unentgeltliche Leistung eines Schuldners ist in jedem Fall anfechtbar. Einzige Voraussetzung ist hier, dass diese in den letzten vier Jahren vor Einleitung des Insolvenzverfahrens getätigt wurde. Davon ausgeschlossen sind aber Gelegenheitsgeschenke, die nur einen geringen Wert besitzen.

Weitere Anfechtungsgründe werden unter den §§ 135 bis 137 geführt. Dazu zählen Gesellschafterdarlehen, stille Gesellschaft und Wechsel- und Scheckzahlungen.

Bargeschäft und Insolvenzanfechtung: Zahlungen, die die Voraussetzungen eines sogenannten Bargeschäfts laut § 142 der InsO erfüllen, können nicht angefochten werden.

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Über den Autor

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Mario G.

Mario hat einen Master-Abschluss in Sozialmanagement an der FH Potsdam erworben. Seit 2016 ist er Mitglied unserer Redaktion von schuldnerberatung.de und informiert unsere Leser über allerlei wichtige Themen rund um Schuldenrecht, Privatinsolvenz und Schuldenabbau.

Bildnachweise

1 Gedanke zu „Insolvenzanfechtung gemäß InsO einfach erklärt

  1. Marc

    Wie verhält es sich, wenn Schenkungen an Frau und Tilgung von Krediten vor dem Eintreten der Schulden getätigt werden, also bevor der Gläubiger überhaupt forderungen stellt.
    Sind diese anfechtbar auch wenn es erst einige Monate zurück liegt?

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