Das Wichtigste zum Gesamtgläubiger
Gesamtgläubiger bilden eine Gläubigermehrheit, bei der jeder Gläubiger die gesamte Forderung – beispielsweise die Bezahlung sämtlicher Schulden – verlangen kann. Der Schuldner muss diese Forderung aber nur einmal erfüllen.
Leistet der Schuldner an einen Gesamtgläubiger, so erlischt damit die Forderung aller anderen Gläubiger. Sie können keine weitere Leistung mehr verlangen, sondern müssen ihren Anteil vom Leistungsempfänger einfordern.
Nach § 428 Satz 2 BGB darf der Schuldner trotzdem an jeden Gesamtgläubiger leisten. Der Kläger muss dies gegen sich gelten lassen.
Inhalt
Wann ist man Gesamtgläubiger?
Es gibt nicht immer nur einen einzigen Gläubiger. So wie bei einer Schuldnermehrheit mehrere Schuldner existieren, können einem Schuldner (oder mehreren) auch mehrere Gläubiger gegenüberstehen, beispielsweise als Gesamtgläubiger im Sinne des § 428 BGB.
Wenn beispielsweise zwei Personen namens X und Y ein gemeinsames Konto eröffnen, bei dem jeder von ihnen für sich über das gesamte Guthaben verfügen kann (sogenanntes Oder-Konto), dann sind beide Kontoinhaber nach § 428 BGB Gesamtberechtigte, weil sie beide von der Bank die Auszahlung des gesamten Kontoguthabens verlangen können. Allerdings muss die Bank auch nur einmal leisten. Zahlt sie also das gesamte Guthaben an X aus, kann Y keine Zahlung mehr verlangen.
Der Gesetzgeber definiert den Gesamtgläubiger in § 428 BGB wie folgt:
„Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesamtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten. Dies gilt auch dann, wenn einer der Gläubiger bereits Klage auf die Leistung erhoben hat.“
Kurz zusammengefasst bedeutet Gesamtgläubigerschaft:
- Es gibt mehrere Gläubiger.
- Jeder Gläubiger darf die ganze Leistung fordern.
- Der Schuldner muss aber nur einmal leisten.
Wirkungen der Gesamtgläubigerschaft
Bestimmte Handlungen des Schuldners gegenüber einem Gesamtgläubiger wirken sich auch auf die anderen Gläubiger aus, und zwar wie unter anderem folgt:
- Erfüllung: Leistet der Schuldner an einen Gläubiger, so erlischt damit die Forderung aller Gesamtgläubiger. Zahlt die Bank im obigen Beispiel also das gesamte Guthaben an X aus, erlischt damit automatisch der Auszahlungsanspruch des Y.
- Aufrechnung: Verrechnet der Schuldner eine ihm gegen den Gläubiger zustehende Forderung mit dessen Forderung, so wirkt dies ebenfalls gegen die anderen Gesamtgläubiger. Deren Forderung reduziert sich entsprechend durch die Aufrechnung.
- Auch ein zwischen einen Gläubiger und dem Schuldner vereinbarter Schuldenerlass wirkt ebenfalls gegen alle Gläubiger.
Innenverhältnis zwischen den Gläubigern: Leistet der Schuldner an einen Gesamtgläubiger, so ist dieser den anderen Gläubigern gegenüber zum Ausgleich verpflichtet – im Zweifel zu gleichen Anteilen, sofern keine anderweitige Vereinbarung getroffen wurde. Damit kann jeder Gläubiger einen Teil der Leistung für sich beanspruchen. Im obigen Beispiel darf Y von X demnach die Hälfte des Bankguthabens herausverlangen.
Anwendungsbeispiele für § 428 BGB
Die Gesamtgläubigerschaft kann auf einer vertraglichen Vereinbarung beruhen oder auf einer gesetzlichen Regelung. In der Praxis sind Gesamtgläubiger eher selten, insbesondere weil die Interessen der Gläubiger bei dieser Konstellation sehr ungleich berücksichtigt werden.
- Ein typischer Anwendungsfall ist das oben im Beispielfall erwähnte Oder-Konto, auf dessen Guthaben alle Kontoinhaber in voller Höhe zugreifen können.
- Außerdem ermöglicht Paragraph 428 BGB, dass ein Wohnrecht für mehrere Berechtigte eine Gesamtgläubigerschaft begründen kann.
Informative Ratgeber rund um Gläubiger: