Das Wichtigste zu Frugalismus
Frugalis ist das lateinische Wort für sparsam und genügsam. Frugalisten sparen so viel wie möglich – in Extremfällen bis zu 90 % ihres Einkommens –, damit sie in jungen Jahren in Ruhestand gehen und von ihren Ersparnissen leben können. Sie wollen dann keinen abhängigen Job mehr ausführen, sondern nur noch das tun, was ihnen gefällt. Eine ausführlichere Erläuterung finden sie in diesem Abschnitt.
Wichtig ist zuerst, dass Sie einen guten Überblick über Ihre Finanzen haben und wissen, welche Ausgaben Sie künftig einsparen können. Danach überlegen Sie sich, wie viel Geld Sie jeden Monat für Ihren frühzeitigen Ruhestand benötigen und errechnen die dafür erforderliche Sparrate. Hier erklären wir genauer, wie Sie am besten vorgehen.
Im Prinzip eignet sich für Frugalismus jeder Sparplan bzw. jede Geldanlage, die eine ausreichend hohe Rendite bringt. Frugalisten investieren häufig in ETF oder Aktien, was allerdings viel Finanzwissen und eine gute Risikostreuung voraussetzt.
Wir wollen nichts beschönigen – Frugalismus ist nicht für jeden geeignet bzw. machbar. Nicht jeder kann monatlich 30 – 90 % seines Einkommens einsparen. Vielen Menschen ist es überhaupt nicht möglich, Geld zu sparen, und wenn doch, dann ist die Sparrate so gering, dass sich damit kein unabhängiges Leben finanzieren lässt. Nun könnte man z. B. Geringverdienern raten, ihren Job zu wechseln und mehr Einkommen zu erzielen, aber das ist oft nicht so einfach zu bewerkstelligen und geht an deren Lebensrealität vorbei. Genau diese Privilegierung bzw. soziale Ungerechtigkeit ist auch ein Kritikpunkt am Frugalismus – an dieser Stelle erfahren Sie mehr.
Inhalt
Was ist ein Frugalist?
Ein Frugalist ist ein Mensch, der finanzielle Freiheit anstrebt. Er möchte so früh wie möglich – meist schon weit vor dem regulären Renteneintrittsalter – von seinen Ersparnissen leben können und nicht mehr auf eine (abhängige) Erwerbstätigkeit angewiesen zu sein. Deshalb leben Frugalisten sehr sparsam, sparen den größten Teil ihres Einkommens und legen es möglichst gewinnbringend an.
Der Frugalismus ähnelt damit der sogenannten FIRE-Bewegung, die sich Anfang der 1990er Jahre in Amerika entwickelte. FIRE steht für „Financial independence, retire early“ – zu Deutsch: „Finanzielle Unabhängigkeit, frühzeitiger Ruhestand“. Auch dahinter verbirgt sich die Idee, zwischen 50 und 80 % des Einkommens zu sparen, um möglichst früh in den vorzeitigen Ruhestand gehen und fortan ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.
Was ist der Unterschied zwischen Frugalismus und Minimalismus?
Frugalisten und Minimalisten verzichten auf unnötigen, überflüssigen Konsum und konzentrieren sich stattdessen auf das Wesentliche. Allerdings ist ihre Motivation eine andere:
- Dem Minimalisten geht es darum, möglichst wenig zu besitzen – einerseits, weil er sein Glück nicht über materielle Dinge definiert und andererseits, um unsere Ressourcen und damit die Umwelt zu schonen. Hier steht also ein einfacher (umweltschonender) Lebensstil im Vordergrund und nicht finanzielle Unabhängigkeit.
- Der Frugalist verzichtet deshalb auf Konsum und Besitz, weil er das Ersparte in gewinnbringende Geldanlagen investieren und damit gute Renditen erzielen will, die ihm einen frühen Ruhestand ermöglichen. Er gibt weniger aus, um später mehr Geld zur Verfügung zu haben. So muss er sich nicht mehr nach den Vorgaben eines Arbeitgebers richten, sondern kann seinen Alltag selbstbestimmt gestalten.
Wie funktioniert Frugalismus? Tipps für die Sparphase
Wer finanzielle Freiheit anstrebt und schon früh aus dem herkömmlichen Berufsleben ausscheiden möchte, muss während der Sparphase sehr minimalistisch leben und auf vieles verzichten.
So mancher Frugalist gibt nicht mehr als 900 € im Monat aus und spart den Rest. Letztlich muss aber jeder selbst entscheiden, wie viel Geld er sparen will.
Wenn Sie frugalistisch leben möchten, gehen Sie am besten in folgenden Schritten vor:
- Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Finanzen. Nehmen Sie dabei vor allem Ihre Ausgaben unter die Lupe. Überlegen Sie dabei, worauf Sie verzichten können und welche Ausgaben Ihnen im Hier und Jetzt trotzdem wichtig sind.
- Überlegen Sie sich, wie viel Geld Sie nach der Sparphase monatlich benötigen, um finanziell frei entscheiden und leben zu können.
- Ermitteln Sie, wie viel Geld Sie dafür monatlich sparen müssen und prüfen Sie, ob Ihr Ziel realistisch ist. Frugalismus bedeutet übrigens nicht, dass Sie später in Saus und Braus leben können, sondern nur, dass Sie auf keinen Arbeitgeber mehr angewiesen sind.
- Falls die errechnete monatliche Sparrate nicht ausreicht, müssen Sie entweder Ihr Ziel anpassen oder Sie versuchen, Ihr Einkommen zu erhöhen, beispielsweise durch einen Nebenjob oder Jobwechsel.
- Sparen Sie, so viel Einkommen, wie Sie können. Verlieren Sie dabei aber nicht Ihr jetziges Leben aus dem Blick. So erstrebenswert finanzielle Freiheit in der Zukunft ist – Sie leben jetzt und sollten das auch genießen. Gönnen Sie sich ruhig einen Restaurantbesuch mit Ihren Freunden oder was Ihnen sonst wichtig ist.
- Lernen Sie so viel wie möglich über Vermögensaufbau und Geldanlagen, um bessere Renditen zu erzielen. Das ist ein wichtiger Schwerpunkt beim Frugalismus: Aufgrund der Inflation wird das Ersparte allein nicht ausreichen für einen frühzeitigen Ruhestand. Sie müssen Ihr angespartes Kapital also weiter vermehren – nutzen Sie dafür auch den Zinseszinseffekt.
Weitere Tipps für (künftige) Frugalisten
- Ausgaben priorisieren: Wofür wollen Sie Geld ausgeben?
- Ausgaben und Budget genau planen und kontrollieren mit dem Haushaltsbuch
- Ersparnisse sinnvoll anlegen
- Auto abschaffen
- Dinge reparieren statt neu zu kaufen
- Gebraucht kaufen
- Sachen ausleihen statt kaufen
- Keine Impulsivkäufe, stattdessen ein bis zwei Wochen Bedenkzeit
- Selbst kochen statt essen gehen
- Trotz allem das Leben genießen – Frugalismus nicht übertreiben
Wie viel Geld braucht ein Frugalist? Die richtige Sparrate
Im Durchschnitt sparen die Deutschen etwa 10 – 15 % ihres Einkommens. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lag die Sparquote im 1. Halbjahr 2022 bei 11,1 %.
Frugalisten legen hingegen deutlich mehr Geld zur Seite: 30 % mindestens, einige schaffen es sogar, 80 – 90 % ihres Einkommens zu sparen.
Letztendlich kommt es auf Ihre Ziele, Bedürfnisse und Ihre persönliche Lebenssituation an. Die folgenden drei Fragen helfen Ihnen, Ihren monatlichen Sparbetrag zu finden:
- Wie hoch ist Ihr monatliches Einkommen?
- Wie viel Geld möchten Sie in Zukunft monatlich zur freien Verfügung haben?
- Wann möchten Sie in Ruhestand gehen?
Ein kleines Beispiel zur Veranschaulichung: Wenn Sie als Frugalist künftig 2.000 € monatlich zur Verfügung haben möchten, müssen Sie für jedes Lebensjahr 24.000 € ansparen. Gehen wir einmal davon aus, dass Sie 25 Jahre lang allein von Ihrem Eigenkapital leben möchten. Dann müssen Sie 600.000 € insgesamt ansparen – die Inflation ist hierbei noch nicht berücksichtigt.
Frugalismus zeichnet sich dadurch aus, dass das gesparte Geld angelegt und passives Einkommen erzielt wird. Frugalisten machen sich den Zinseszinseffekt zunutze, indem sie ihre Renditen und Zinsen wiederum investieren. So vermehrt sich das Vermögen automatisch. Gut geeignet sind hierfür unter anderem ETF, deren Renditen im Ruhestand das Arbeitseinkommen ersetzen. Hierbei können unter anderem Kapitalertragssteuern anfallen. Und sie sollten keinesfalls die einzige Geldanlage darstellen.
Warum steht Frugalismus in der Kritik?
Der Traum vom selbstbestimmten Leben klingt verlockend – aber nicht jeder kann ihn verwirklichen. Mehr noch: Wenn alle vorzeitig in Ruhestand gehen würden, käme irgendwann die Wirtschaft zum Erliegen.
Genau hier liegt ein Kritikpunkt: Eine Wirtschaft, in der niemand mehr Brot backen, Häuser bauen und Kleidung nähen will, weil alle von ihrem passiven Einkommen – Aktien, Miet- oder Werbeeinnahmen – leben, funktioniert einfach nicht.
Hinzu kommt, dass sich nur die Gutverdiener einen frugalen Lebensstil leisten können. Ein Geringverdiener beispielsweise oder eine alleinstehende Mutter mit Kind ist weiterhin auf ihren Job angewiesen, während der Frugalist seinen frühen Ruhestand genießt. Und nicht jeder hat die Chance, einfach in einen gut bezahlten Job zu wechseln.
Zusammengefasst hat Frugalismus folgende Vor- und Nachteile:
Vorteile:
- Finanzielle Freiheit dank passivem Einkommen
- Frugalisten lernen viel über Finanzen und Geld
- Früher Ruhestand und Zeit für sich
- Lebenseinstellung ohne feste Regeln: Sie bestimmen, wie viel Sie sparen.
- Bewusster, nachhaltiger Konsum schont die Umwelt
Nachteile:
- Nur für Gutverdiener geeignet
- viel Finanzwissen, z. B. über Aktien und ETF notwendig
- erfordert viel Selbstdisziplin und Verzicht
- Gefahr, geizig zu werden und das Leben auf später zu verschieben
- Risiko, sich zu verkalkulieren, z. B. wenn sich die Lebensumstände ändern oder die Inflation steigt