Anwartschaftsrecht: Vorstufe des Eigentums

Das Wichtigste zum Anwartschaftsrecht

Was ist ein Anwartschaftsrecht?

Das Anwartschaftsrecht ist eine Vorstufe des Eigentums. Dabei handelt es sich um eine Rechtsposition, die ein Käufer einnimmt. Wird beispielsweise ein Verkauf unter Eigentumsvorbehalt vereinbart, dann bleibt der Verkäufer so lange Eigentümer, bis der Kaufpreis vollständig bezahlt wurde. Wurden jedoch schon so viele Erfordernisse durch den Käufer erfüllt, dass der Verkäufer das Geschäft nicht mehr stoppen kann, ist für den Käufer gesichert, dass er die entsprechende Ware erhält.

Wann entsteht ein Anwartschaftsrecht?

Es entsteht dann, wenn der Erwerb von Eigentum unter einer bestimmten Bedingung erfolgt. In der Regel handelt es sich dabei um die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts. Seltener kommt eine auflösend bedingte Sicherungsübereignung vor.

Ist ein Anwartschaftsrecht ein Recht zum Besitz?

Je nach Einzelfall gehen die Meinungen hierzu auseinander. Manche gehen davon aus, dass das Anwartschaftsrecht kein dingliches Recht darstelle und der Käufer nicht schutzwürdig sei, da er durch Zahlung des Kaufpreises aus eigener Kraft Eigentümer werden kann. Wiederum andere vertreten die Meinung, dass das Anwartschaftsrecht nur Sinn ergebe, wenn es als dingliches Recht den Käufer auch tatsächlich absichert.

Was ist ein Anwartschaftsrecht? Der Begriff einfach erklärt!

Anwartschaftsrecht: Ein gutgläubiger Erwerb ist möglich.
Anwartschaftsrecht: Ein gutgläubiger Erwerb ist möglich.

Laien verwenden die Begriffe Eigentum und Besitz oft synonym, allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Frau Müller besitzt eine Doppelhaushälfte, die sie an Herrn Schmidt vermietet. Der Mieter Herr Schmidt ist in diesem Fall Besitzer der Wohnung, da er die Herrschaft über die Sache unmittelbar ausübt. Frau Müller ist hingegen die Eigentümerin. Sie darf entscheiden, wer in ihrer Immobilie wie lange wohnen darf.

Es gibt in diesem Zusammenhang jedoch noch eine Vorstufe des Eigentums. Dabei handelt es sich um das sogenannte Anwartschaftsrecht. Laut Definition entsteht dieses bei Erwerbstatbeständen, die mehrere Akte umfassen – und zwar dann, wenn durch den Erwerber schon so viele einzelne Akte erfüllt wurden, dass der Verkäufer den Verkauf nicht mehr verhindern kann. Dem Erwerber steht dann also der Rechtserwerb zu, obwohl Letzterer noch nicht komplett vollendet wurde.

Für Laien ist dies sicher eine schwer zu verstehende Definition. Klarheit zum Anwartschaftsrecht soll folgendes Beispiel bringen: Tobias kauft von Clara einen Laptop. Beide vereinbaren, dass Tobias diesen in Raten abbezahlt. Zusätzlich legen sie den Eigentumsvorbehalt fest. Das bedeutet, dass Tobias erst dann Eigentümer des Laptops wird, wenn er Kaufpreis vollständig gezahlt hat.

Hier entsteht nun das Anwartschaftsrecht. Clara kann nämlich nicht mehr einfach so aus dem Geschäft aussteigen – beide haben nämlich einen Kaufvertrag abgeschlossen und Tobias bezahlt die Raten. Tobias kann sicher sein, dass er Eigentümer des Laptops wird, wenn er den vereinbarten Kaufpreis gezahlt hat.  

Das Anwartschaftsrecht wird im BGB – dem Bürgerlichen Gesetzbuch – nicht definiert. Es ist kein Vollrecht, wie etwa das Eigentum, wird aber als „wesensgleiches Minus zum Vollrecht“ bezeichnet.

Gutgläubiger Erwerb beim Anwartschaftsrecht

Pfandrecht am Anwartschaftsrecht: Eine Belastung damit ist möglich.
Pfandrecht am Anwartschaftsrecht: Eine Belastung damit ist möglich.

Es können zwei Arten des Erwerbs in puncto Anwartschaftsrecht unterschieden werden:

  • Ersterwerb: Liegt vor, wenn das Anwartschaftsrecht zum ersten Mal begründet wird.
  • Zweiterwerb: Liegt vor, wenn es zur Übertragung kommt. Das Anwartschaftsrecht geht also auf einen Dritten über.

Zudem ist wichtig zu wissen, dass Anwartschaftsrechte gutgläubig erworben werden können. Das bedeutet, dass der Käufer irrtümlich davon ausgeht, dass der Verkäufer der Eigentümer des zu verkaufenden Objektes ist. Dies wird auch Erwerb vom Nichtberechtigten genannt. Da der Verkäufer aber in Wahrheit nicht der Eigentümer ist, dürfte er das Objekt eigentlich gar nicht verkaufen.

Auch hier unterscheiden wir wieder Erst- und Zweiterwerb:

  • Gutgläubiger Ersterwerb beim Anwartschaftsrecht: In diesem Fall geht das Anwartschaftsrecht auf den gutgläubigen Käufer über.
  • Gutgläubiger Zweiterwerb beim Anwartschaftsrecht: Im Falle einer Übertragung ist die Situation nicht so klar wie im ersten Fall. Entscheidend ist hier vor allem, ob das entsprechende Anwartschaftsrecht tatsächlich besteht.

Es ist bezüglich des zweiten Punktes in Fachkreisen umstritten, ob das Anwartschaftsrecht als Recht zum Besitz, wie es in § 986 BGB definiert wird, gewertet werden kann. Rechtsprechung und Literatur gehen hier teils stark auseinander.

Pfändung möglich? Das Anwartschaftsrecht im Rahmen der Zwangsvollstreckung

Auch bei einer Sicherungsübereignung entsteht ein Anwartschaftsrecht.
Auch bei einer Sicherungsübereignung entsteht ein Anwartschaftsrecht.

Ein Gläubiger kann, wenn er einen vollstreckbaren Titel erwirkt hat, eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme durchführen lassen. Möglich wäre unter anderem eine Pfändung.

Vor diesem Zusammenhang mag sich die Frage stellen, ob ein Anwartschaftsrecht bei Eigentumsvorbehalt gepfändet werden kann. Ja, dies ist grundsätzlich möglich. Dabei ist jedoch ein wichtiger Punkt zu beachten.

Es gilt nämlich, dass in diesem Fall eine Doppelpfändung in puncto Anwartschaftsrecht nötig wird. Das bedeutet, dass das Recht im Zuge einer Forderungspfändung gepfändet werden muss. Dazu muss dem Drittschuldner, also dem Vorbehaltsverkäufer, ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt werden. Dem Verkäufer wird damit verboten, an den Käufer zu leisten – ihm also das Objekt zu übergeben.

Zusätzlich muss jedoch das betreffende Verkaufsobjekt im Rahmen einer Sachpfändung gepfändet werden. Der Gläubiger hat das Recht, vom Drittschuldner die Auskunft einzuholen, wie viel Geld ihm der Käufer noch schuldet. Nun kann wiederum der Gläubiger die Restsumme an den Drittschuldner zahlen und erhält das Objekt.

Der Gläubiger hat im Anschluss die Möglichkeit, die zuvor an den Drittschuldner gezahlte Summe beim Schuldner einzutreiben.

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Über den Autor

Meike
Meike Z.

Meike erwarb ihren Master-Abschluss im Fach Linguistik an der Universität Paderborn und ist seit 2016 Teil des schuldnerberatung.de-Teams. Ihr thematischer Fokus liegt insbesondere auf unterschiedlichsten Fragestellungen rund ums Schulden- und Insolvenzrecht.

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