Annahmeverzug im Sinne des § 293 BGB

Das Wichtigste zum Annahmeverzug laut BGB

Was bedeutet Annahmeverzug bzw. Gläubigerverzug?

Annahmeverzug heißt laut § 293 BGB, dass der Gläubiger „die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.“ Der Gläubigerverzug bildet das Pendant zum Schuldnerverzug. Wann Annahmeverzug vorliegt, lesen Sie in diesem Abschnitt.

Was passiert bei Annahmeverzug?

Nimmt der Gläubiger die Leistung des Schuldners nicht an, so muss der Gläubiger dem Schuldner die entstandenen Mehraufwendungen ersetzen. Hier erläutern wir die Rechtsfolgen ausführlicher.

Was bedeutet Annahmeverzug des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer?

Ein Arbeitgeber gerät in Gläubigerverzug, wenn er die ihm vom Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt, weil er nicht kann oder will. Weitere Informationen finden Sie an dieser Stelle.

Annahmeverzug: Beispiel und Voraussetzungen

Wann befindet man sich in Annahmeverzug?
Wann befindet man sich in Annahmeverzug?

Bei einem Annahmeverzug gerät der Gläubiger in Verzug, weil er die „die ihm angebotene Leistung nicht annimmt“. Schuldnerverzug hingegen tritt ein, wenn der Schuldner trotz Fälligkeit und Mahnung des Gläubigers die Leistung nicht erbringt.

Schauen wir uns anhand eines Beispiels an, wie sich Gläubigerverzug und Schuldnerverzug voneinander unterscheiden:

Jemand bestellt beim Händler eine LKW-Ladung Kies für sein Grundstück. Bezahlt der Käufer den Kaufpreis für den Kies trotz Mahnung nicht, so gerät er als Schuldner in Verzug. Gleichzeitig ist der Käufer aber auch Gläubiger in Bezug auf die Kieslieferung. Wenn er zum vereinbarten Lieferzeitpunkt nicht vor Ort ist und der Spediteur den Kies deshalb nicht abladen kann, gerät der Käufer in Annahmeverzug.

Die Voraussetzungen für einen Gläubigerverzug sind folgende:

  • Der Schuldner muss zur Leistung bereit und fähig sein. Ist er vorübergehend nicht dazu in der Lage, so gerät der Gläubiger auch nicht in Verzug. Der Händler im obigen Beispiel wäre nicht leistungsfähig, wenn all seine LKW-Fahrer aufgrund einer Krankheitswelle vorübergehend ausfallen.
  • Zunächst muss der Schuldner seine Leistung zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und in der richtigen Art und Weise anbieten. Im Beispielfall hat der Händler den Kies wie vereinbart am Lieferdatum beim Käufer zu Hause anliefern lassen.
  • Schließlich setzt ein Annahmeverzug voraus, dass der Gläubiger die ihm angebotene Leistung nicht annimmt oder nicht ausreichend mitwirkt. Eine solche erforderliche Mitwirkungshandlung wäre beispielsweise, wenn Händler und Käufer vereinbaren, dass der Käufer den Kies selbst abholt und er dies dann noch nicht macht.

Annahmeverzug tritt übrigens unabhängig vom Verschulden des Gläubigers ein, also auch bei Umständen, die selbst nicht zu vertreten hat.

Annahmeverzug – Rechtsfolgen nach §§ 300 ff. BGB

Gläubigerverzug bedeutet, dass der Gläubiger die ihm ordnungsgemäß angebotene Leistung nicht annimmt.
Gläubigerverzug bedeutet, dass der Gläubiger die ihm ordnungsgemäß angebotene Leistung nicht annimmt.

Während der Schuldnerverzug recht einschneidende Folgen für den Schuldner hat, beispielsweise Schadensersatzforderungen des Gläubigers, sind die Folgen eines Annahmeverzugs nicht ganz so drastisch.

Der Gläubigerverzug begründet keinen Schadensersatz zugunsten des Schuldners, weil der Gläubiger keine vertraglichen (Haupt-)Leistungspflichten verletzt, sondern lediglich eine Obliegenheit.

So besteht das Schuldverhältnis, gewöhnlich ist das ein Vertrag, weiterhin, sodass der Schuldner seine Leistung auch nach wie vor erbringen muss. Er hat allerdings einen Anspruch auf Ersatz seiner Mehraufwendungen, „die er für das erfolglose Angebot sowie für die Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstands machen musste“.

Außerdem haftet der Schuldner bei einem Annahmeverzug nur noch für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz. Was das bedeutet, veranschaulicht dieses Beispiel:

Jemand kauft sich einen Gebrauchtwagen und vereinbart mit dem Händler die Anlieferung des Wagens zu einem festen Termin. Der Händler hält sich an diese Abmachung, der Käufer jedoch nicht – er ist nicht zuhause, sodass der Händler mit dem Gebrauchtwagen zurückfährt. Dabei nimmt ihm ein anderer Autofahrer die Vorfahrt, die Fahrzeuge kollidieren, der Gebrauchtwagen wird erheblich beschädigt. Pech für dessen Käufer, der nur noch einen Unfallwagen erhält und trotzdem den vollen Preis bezahlen muss.

Arbeitgeber in Annahmeverzug – Welche Folgen hat das?

Gläubigerverzug liegt zum Beispiel vor, wenn die Kündigung des Arbeitgebers unwirksam ist und der Gekündigte weiter seine Arbeitsleistung anbietet.
Gläubigerverzug liegt zum Beispiel vor, wenn die Kündigung des Arbeitgebers unwirksam ist und der Gekündigte weiter seine Arbeitsleistung anbietet.

Angenommen, ein Arbeitnehmer geht zur Arbeit und will dort wie immer seinen Aufgaben nachgehen, aber der Arbeitgeber lässt ihn nicht – er verweigert die Annahme der Arbeitsleistung. Denkbar sind beispielsweise die folgenden Konstellationen:

  • Der Arbeitnehmer geht zu Recht davon aus, dass die Kündigung des Arbeitgebers unwirksam ist. Deswegen will er auch weiterhin seiner Arbeit nachgehen, was der Arbeitgeber ablehnt. Und tatsächlich bestätigt das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit im Kündigungsschutzprozess. Dann bestand das Arbeitsverhältnis während der ganzen Zeit fort, sodass der Arbeitnehmer dafür die volle Bezahlung verlangen kann.
  • Ein Unternehmer hat nicht mehr genügend Aufträge und stellt seine Mitarbeiter deswegen frei. Diese zeigen sich trotzdem arbeitswillig. Auch in diesem Fall befindet sich der Arbeitgeber in Annahmeverzug und muss seine Beschäftigten voll bezahlen. Denn er muss dafür sorgen, dass es ausreichend Aufträge und damit ausreichend Arbeit gibt.

Dass Arbeitnehmer während des Gläubigerverzugs des Arbeitgebers das volle Gehalt erhalten, ergibt sich aus § 615 BGB. Die verlorene Arbeitszeit müssen sie allerdings nicht nachholen.

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Über den Autor

Dr. Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich promovierte nach seinem Jura-Studium bei Prof. Dr. Hoffmann-Riem (damaliger Richter am BVerfG). Sein Referendariat absolvierte er am OLG Hamburg. Seit 2007 ist er zugelassener Rechtsanwalt in Deutschland. Seine thematischen Schwerpunkte liegen u. a. in den Bereichen Privatinsolvenz und Pfändung.

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