Das Wichtigste zur Kinderarmut in Deutschland
Im Jahr 2023 war jedes siebte Kind in Deutschland von Armut bedroht. Weitere Zahlen zur Kinderarmut in Deutschland können Sie hier nachlesen.
Kinderarmut gibt es in ganz Deutschland. Doch besonders hoch ist die Armutsgefährdungsquote in Bremen. Diese lag im Jahr 2021 dort bei 41,1 Prozent. Zum Vergleich: In Bayern lag er nur bei 13,4 Prozent. Informationen zu den anderen Bundesländern finden Sie in dieser Tabelle.
Besonders häufig sind Kinder von Alleinerziehenden, Arbeitslosen sowie Niedrigverdienern von Armut betroffen bzw. bedroht. Mehr zu den Ursachen von Kinderarmut haben wir an dieser Stelle für Sie zusammengefasst.
Ja, Kinderarmut hat in Deutschland weitreichende Folgen. Betroffene Kinder ernähren sich ungesünder, sie schneiden schlechter in der Schule ab, haben psychische Probleme und haben ein größeres Risiko, auch als Erwachsene in Armut zu leben. Mehr zu den Folgen der Kinderarmut erfahren Sie in diesem Abschnitt.
Inhalt
Definition: Was ist Kinderarmut eigentlich?
Was bedeutet Kinderarmut? Eine einzige Definition der Armut gibt es nicht, vielmehr gibt es zwei verschiedene Ansätze, die sich in der Wissenschaft durchgesetzt haben.
Relative Kinderarmut
in Deutschland
Laut dieser Definition gilt ein Kind als arm bzw. armutsgefährdet, wenn das Einkommen des Haushalts, in dem es lebt, niedriger ist als 60 Prozent des mittleren Einkommens aller deutschen Haushalte. Das mittlere Einkommen ist dabei der Median sämtlicher Einkommen. Das bedeutet, dass genau die Hälfte der Haushalte über ein niedrigeres und die andere über ein höheres Einkommen verfügt. Damit unterscheidet sich der Median stark vom Durchschnitt, bei dem das Einkommen aller Haushalte aufsummiert und dann durch die Anzahl der Haushalte geteilt wird. Im Jahr 2023 lag der Schwellenwert laut Angaben des Statistischen Bundesamtes für einen Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren bei 2.759 Euro netto im Monat.
Sozialstaatlich definierte Grenze für die Kinderarmut
Bei der Frage „Wie misst man Kinderarmut in Deutschland?“ müssen wir unter Berücksichtigung dieser Definition danach schauen, ob ein Haushalt Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II). Dazu zählt das Bürgergeld.
Seit wann gibt es Kinderarmut in Deutschland? Armut, auch unter Kindern, gibt es seit Menschengedenken auf der ganzen Welt. Doch seit Mitte der 1990er Jahre steigen die Zahlen in Deutschland laut Karl August Chassé erkennbar an.
Wie viele Kinder leben in Deutschland in Armut? Statistiken zur Kinderarmut im Überblick!
Eine wichtige die Kinderarmut in Deutschland betreffende Statistik veröffentlichte das Statistische Bundesamt in einer Pressemitteilung vom 1. Juli 2024. Laut den Angaben galten im Jahr 2023 rund 2,1 Millionen Kinder und Jugendliche, die jünger als 18 Jahre alt waren, als armutsgefährdet – das ist jedes siebte Kind!
Damit ist die Kinderarmut in Deutschland verglichen mit Statistiken anderer europäischer Länder zwar weniger verbreitet als im EU-Durchschnitt, allerdings gibt es viele Länder, in denen Kinder weniger stark gefährdet sind. Dazu gehören unter anderem Schweden, Lettland, Dänemark und die Niederlande.
Zu beachten ist außerdem, dass sich die Kinderarmut in Deutschland für alle Bundesländer teils stark unterscheidet. Die folgende Übersicht zeigt, wie hoch die Armutsgefährdungsquote für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren im Jahr 2021 laut dem Factsheet „Kinder- und Jugendarmut in Deutschland“ der Bertelsmann Stiftung in den Bundesländern ausfiel:
Durchschnitt Deutschland | 20,8 |
Durchschnitt alte Bundesländer | 20,6 |
Durchschnitt neue Bundesländer | 21,8 |
Bayern | 13,4 |
Brandenburg | 17,2 |
Baden-Württemberg | 17,6 |
Schleswig-Holstein | 18,7 |
Sachsen | 20,3 |
Hamburg | 20,7 |
Rheinland-Pfalz | 21,2 |
Saarland | 22,1 |
Mecklenburg-Vorpommern | 22,4 |
Niedersachsen | 22,4 |
Berlin | 23,3 |
Thüringen | 23,7 |
Hessen | 24,4 |
Nordrhein-Westfalen | 24,6 |
Sachsen-Anhalt | 25,2 |
Bremen | 41,1 |
Die Kinderarmut ist laut Bertelsmann Stiftung also in Ostdeutschland etwas höher als in Westdeutschland. Besonders niedrig sind die Quoten in Bayern und Baden-Württemberg, während Bremen mit einer Kinderarmutsgefährdungsquote von 41,4 Prozent das traurige Schlusslicht der Übersicht darstellt.
Es gilt außerdem hinsichtlich der Kinderarmut in Deutschland: Städte sind mehr betroffen als der ländliche Bereich. Das liegt unter anderem an den höheren Lebenshaltungskosten, wie etwa für Miete oder Lebensmittel, in der Stadt teils deutlich höher ausfallen.
Kinderarmut: Welche Gründe gibt es dafür?
Kinderarmut ist Familienarmut. Dieser Grundsatz ist unbedingt zu berücksichtigen, wenn wir uns mit der finanziellen Lage von Kindern beschäftigen. Schließlich sind Kinder in diesem Zusammenhang von ihren Eltern abhängig.
Zu den wichtigsten Ursachen von Kinderarmut in Deutschland zählt die Arbeitslosigkeit bzw. ein niedriges Einkommen der Eltern. Auch die familiäre Situation spielt eine wichtige Rolle. So sind vor allem Kinder von Alleinerziehenden sowie Kinder aus Familien mit drei oder mehr Kindern von Armut betroffen.
Zusätzlich sind besonders häufig Kinder mit Migrationshintergrund von Armut bedroht. Das liegt unter anderem daran, dass die Eltern häufig nur einen erschwerten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt haben – etwa, weil ihre Ausbildungsabschlüsse nicht anerkannt werden.
Nicht zuletzt gehört zu den Ursachen für Kinderarmut in Deutschland auch der Bildungsstand der Eltern. Es lässt sich feststellen, dass das Armutsrisiko steigt, je niedriger der Bildungsstand der Eltern ist. Menschen ohne Schulabschluss oder abgeschlossene Ausbildung gehen häufiger schlecht bezahlten Jobs nach oder sind arbeitslos.
Auch die Krisen der Zeit beeinflussen die Kinderarmut in Deutschland. So hat etwa die Corona-Krise für mehr Kinder in Armut gesorgt, weil viele Eltern ihren Job verloren haben oder in Kurzarbeit gehen mussten.
Seit Beginn des Ukrainekriegs spielt auch die Inflation eine wichtige Rolle. Strom, Heizöl, Gas, Kraftstoff, Lebensmittel und mehr wird immer teurer. Die Löhne steigen demgegenüber häufig nicht oder nur wenig an. Das sorgt wiederum dafür, dass die Familien über weniger Geld verfügen und die Kinderarmut in Deutschland steigt.
Auswirkungen von Kinderarmut: Welche Folgen sind erkennbar?
Welche Folgen hat Armut für Kinder? Die Auswirkungen sind gravierend und betreffen viele unterschiedliche Bereiche:
- Zu den Folgen der Kinderarmut in Deutschland zählt es unter anderem, dass die betroffenen Kinder in häufig in beengten Verhältnissen aufwachsen. Das bedeutet, dass sie in vielen Fällen kein eigenes Zimmer oder einen anderen Rückzugsort haben, in dem sie ungestört lernen oder sich in Ruhe erholen können.
- Zusätzlich beeinflusst Armut auch Kinder in ihrer Gesundheit. Häufig reicht das Geld nicht für eine gesunde, ausgewogene Ernährung oder den Eltern fehlt das nötige Wissen, um ihren Kindern ein gutes Vorbild zu sein. Aus dieser ungesunden Ernährung folgt häufig Übergewicht. Es kann auch zu einer Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen kommen. Gerade für Babys und Kleinkinder kann dies schwerwiegende Folgen haben, da sich dies negativ auf die kognitive Entwicklung auswirkt.
- Kinderarmut hat Folgen für die Bildung. Betroffene Kinder haben geringere Bildungschancen. Das liegt zum einen daran, dass Eltern sich keine Nachhilfe und ähnliches leisten können. Doch zum anderen werden auch im System Schule arme Kinder benachteiligt. So bekommen sie häufig schlechtere Noten als andere Schüler, erhalten seltener eine Gymnasialempfehlung und müssen häufiger eine Klasse wiederholen. Das führt zum Teufelskreis der Kinderarmut in Deutschland. Mit einer schlechteren Bildung steigt das Risiko, auch als Erwachsener arm zu sein. Das hat wiederum Einfluss auf die Kinder der betroffenen Personen.
- Die Frage „Wie nehmen Kinder Armut wahr?“ lässt sich auch damit beantworten, dass sie im sozialen Bereich zurückstecken müssen. Sie können seltener Freizeitangeboten bzw. Hobbys nachgehen – entweder, weil das Geld dafür nicht reicht oder es in ärmeren Wohngegenden keine entsprechenden Angebote gibt. Die soziale Ungleichheit durch Kinderarmut wird in Deutschland auch dadurch sichtbar, dass betroffene Kinder nicht an Geburtstagsfeiern teilnehmen bzw. diese ausrichten oder ins Kino gehen können. Das führt auch zu einer Ausgrenzung.
- Kinderarmut hebelt die Chancengleichheit auch auf gesellschaftlicher Ebene aus. Viele arme Kinder können sich nicht politisch oder ehrenamtlich engagieren. Das führt wiederum dazu, dass sie sich nicht als Teil der Gesellschaft fühlen.
- Nicht zu vernachlässigen sind außerdem psychische Folgen von Kinderarmut. In Deutschland schämen sich viele Kinder dafür, dass sie in ärmeren Verhältnissen aufwachsen. Sie werden oftmals gehänselt und ausgegrenzt. Außerdem machen sich betroffene Kinder häufig Sorgen über die finanziellen Probleme ihrer Eltern. Das macht eine sorglose Kindheit in vielen Fällen unmöglich.
Bekämpfung von Kinderarmut: Wie verhindern wir, dass Kinder zurückgelassen werden?
Was kann man gegen Kinderarmut in Deutschland tun? Es werden viele verschiedene Ansätze diskutiert. Auf einige davon möchten wir im Folgenden näher eingehen:
- Kinder, die in Armut aufwachsen, leben in armen Familien. Viele Experten raten deshalb, dass sich Maßnahmen gegen Kinderarmut in Deutschland vor allem an Eltern richten sollen. Dazu gehört unter anderem mehr günstiger Wohnraum. Auch die Anhebung des Mindestlohns wird weiter diskutiert. Zusätzlich werden vor allem für Alleinerziehende mehr und bessere Kinderbetreuungsangebote gefordert. So hätten viele Betroffene überhaupt erst die Möglichkeit, arbeiten zu gehen. So ließe sich Kinderarmut bekämpfen.
- Sprechen wir von Kinderarmut, muss die Prävention aber auch natürlich die Kinder selbst betreffen. Ein kostenloses Schulessen beugt einer mangelhaften Ernährung vor. Eine kostenlose Ganztagsbetreuung kann dafür sorgen, dass Kinder besser unterstützt werden und größere Lernerfolge erzielen können. Kostenlose Freizeitmöglichkeiten sorgen dafür, dass sich Kinder besser ausleben und ausprobieren können sowie sich weniger ausgegrenzt fühlen.
- Schon seit Längerem wird die Kindergrundsicherung diskutiert, welche die Kinderarmut in Deutschland bekämpfen soll. Eigentlich sollte diese im Jahr 2025 eingeführt werden. Ob es dazu kommt, steht im November 2024 jedoch noch nicht fest.
- Viele Familien beantragen die Hilfsleistungen, auf die sie Anspruch hätten, nicht. Das hat mehrere Gründe: Häufig ist den Betroffenen gar nicht bewusst, auf welche Leistungen sie Anspruch haben. Manche schämen sich für ihre finanzielle Lage und stellen deshalb keine Anträge. Wiederum andere werden von der Bürokratie abgeschreckt, die mit der Beantragung einhergeht. Für sie ist es schlichtweg zu kompliziert oder anstrengend, sich mit den Behörden auseinanderzusetzen. Eine vereinfachte Beantragung von Leistungen wäre deshalb hilfreich.