Das Wichtigste zur Austauschpfändung
Bei dieser Form der Sachpfändung beschlagnahmt der Gerichtsvollzieher Sachen des Schuldners, die eigentlich unpfändbar sind, und stellt ihm im Austausch dafür einen Ersatz zur Verfügung.
Ja. Angenommen, der einzige Fernseher des Schuldners ist ein 5.000 Euro teures neues Gerät. Dann darf der Gerichtsvollzieher dieses Modell im Austausch gegen einen anderen Fernseher von geringerem Wert pfänden, wenn das Ersatzgerät seinen Zweck erfüllt.
Die Austauschpfändung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. So muss der Ersatzwagen zum Beispiel eine ähnliche Haltbarkeit aufweisen wie das gepfändete Fahrzeug. Das hat der BGH in einem Beschluss aus dem Jahr 2011 klargestellt.
Inhalt
Gut zu wissen: Welche Dinge sind (un)pfändbar?
Austauschpfändung einfach erklärt
Diese Pfändungsform kommt immer dann in Betracht, wenn ein Gerichtsvollzieher im Auftrag eines Gläubigers beim Schuldner klingelt, um dessen Gegenstände zu pfänden. Bei einer solchen Sachpfändung beschlagnahmt der Gerichtsvollzieher vor allem wertvollere Sachen wie Schmuck, hochwertige technische Geräte oder Antiquitäten, um diese später zu verwerten. Mit dem Erlös wird die offene Forderung des Gläubigers beglichen.
Allerdings darf der Gerichtsvollzieher nicht einfach alles pfänden. Laut § 811 Zivilprozessordnung (ZPO) sind bestimmte Gegenstände unpfändbar, die der Schuldner oder eine mit ihm im gemeinsamen Haushalt zusammenlebende Person notwendigerweise braucht. Hier kommt die Austauschpfändung nach § 811a ZPO ins Spiel.
Unter bestimmten Voraussetzungen darf der Gerichtsvollzieher einen solchen an sich unpfändbaren hochwertigen Gegenstand gegen eine vergleichbare Sache von geringerem Wert austauschen.
Bei einer Austauschpfändung könnte zum Beispiel eine unpfändbare Rolex-Armbanduhr gegen eine preiswertere, funktionsfähige Swatch ausgetauscht werden. Oder der Gerichtsvollzieher pfändet den fast zwei Meter langen Flachbildschirm-Fernseher und stellt dem Schuldner als Austausch einen einfachen, kleinen Schwarz-Weiß-Fernseher hin.
Unpfändbar sind nach § 811 Abs. 1 ZPO unter anderem:
- „Sachen, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt“ , für eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung benötigt, zum Beispiel Kleidung, Bettwäsche, Haushaltsgeräte, Fernseher usw.
- Gegenstände, die für die Ausbildung, Weiterbildung oder Erwerbstätigkeit des Schuldners oder mit ihm zusammenlebender Personen erforderlich sind, wie etwa ein Laptop oder ein Auto.
Die Austauschpfändung dient dem Interessenausgleich. Einerseits hat der Gläubiger aufgrund der offenen Schulden ein berechtigtes Interesse an der Zwangsvollstreckung. Andererseits ist der Schuldner davor zu schützen, dass ihm Dinge gepfändet werden, die er persönlich oder beruflich dringend benötigt.
Drei Arten der Austauschpfändung
Nach § 811a ZPO kann eine Austauschpfändung auf dreierlei Weise erfolgen:
- Der Gläubiger bzw. der Gerichtsvollzieher beschafft dem Schuldner ein Ersatzstück. Dieses ist danach unpfändbar.
- Der Schuldner erhält vom Gläubiger einen Geldbetrag, um sich einen Ersatz zu beschaffen. Dabei setzt das Vollstreckungsgericht die Höhe des Betrages fest.
- In Ausnahmefällen ist es möglich, dass dem Schuldner ein Geldbetrag aus dem Vollstreckungserlös überlassen wird, um sich mit diesem Geld einen Ersatz zu beschaffen.
Weitere Ratgeber rund um die mögliche Pfändungsarten:
Voraussetzungen des § 811a Zivilprozessordnung
Der Gerichtsvollzieher darf die Austauschpfändung nicht einfach nach Lust und Laune durchführen. Stattdessen muss er die Bedingungen des § 811a ZPO erfüllen:
- unpfändbare Sache im Sinne von § 811 Abs. 1 Nr. 1 a) und b) und Nr. 2 ZPO, also Dinge der persönlichen Lebens- und Haushaltsführung oder für die Berufsausübung
- Schuldner erhält „ein Ersatzstück, das dem geschützten Verwendungszweck genügt“
- Austauschpfändung ist „nach Lage der Verhältnisse angemessen“
Weiterhin ist zu beachten, dass die Austauschpfändung nur auf Antrag des Gläubigers zulässig ist. Und es bedarf einer vorherigen Entscheidung des Vollstreckungsgerichts über die Zulässigkeit. In seinem entsprechenden Beschluss setzt das Gericht den Wert des vom Gläubiger angebotenen Ersatzstücks fest.
Austauschpfändung eines PKW – gleiche Haltbarkeit vorausgesetzt
Wie soeben schon angedeutet, hat der Gläubiger auch nicht völlig freie Wahl, was den Ersatzgegenstand betrifft. Wenn er im Wege der Austauschpfändung das Auto des Schuldners beschlagnahmen lässt, darf er diesem nicht irgendeine „Schrottlaube“ als Ersatz vor die Tür stellen.
Das hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 16.06.2011 (Az. VII ZB 114/09) klargestellt.
In dem zugrunde liegenden Streitfall sollte der Audi TT Roadster/Cabrio, Baujahr 2000 und einem Tachostand von etwa 50.000 km gegen einen Volkswagen Golf II, Baujahr 1990 getauscht werden, der bereits 200.000 km hinter sich hatte und bereits Rostspuren an der Hinterachse sowie „überalterte Reifen“ aufwies.
Eine solche Austauschpfändung ist unzulässig, entschieden die Richter des obersten Gerichts:
„Ein höherwertiges Fahrzeug kann in der Regel gegen einen einfachen Pkw ausgetauscht werden. Er muss lediglich dem geschützten Verwendungszweck nach seiner Ausgestaltung genügen, er muss jedoch nicht von gleicher Art und Güte sein […]
[Quelle: BGH. Az. VII ZB 114/09]
Allerdings ist dem Schutzzweck des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nur dann genüge getan, wenn die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit auch zukünftig und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum gewährleistet ist. Der Schutz des Schuldners nach § 811 ZPO wäre unvollkommen, wenn das Ersatzstück nicht die annähernd gleiche Haltbarkeit und Lebensdauer wie der gepfändete Gegenstand aufweisen würde […]“
Mit anderen Worten: Der Gläubiger muss dem Schuldner bei der Austauschpfändung ein Ersatzstück anbieten, das eine vergleichbare Haltbarkeit aufweist wie die gepfändete Sache.
Achtung! Die Austauschpfändung kommt bei einem Auto nur in Betracht, wenn dieses unpfändbar ist, weil der Schuldner oder eine mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende Person dieses für die Berufsausübung benötigt. Ist der PKW hingegen pfändbar, so kommt eine Austauschpfändung nicht in Frage – dann darf der Gerichtsvollzieher diesen ohne Ersatz pfänden.
Vorläufige Austauschpfändung gegen Vereitelungsversuche
Die Austauschpfändung bedarf immer erst einer Entscheidung des Vollstreckungsgerichts über deren Zulässigkeit. In der Zwischenzeit könnte der Schuldner auf die Idee kommen, die Pfändung wertvollen Hab und Guts zu vereiteln, indem er diese Dinge beiseite schafft.
Um solche Vereitelungsversuche zu verhindern, darf der Gerichtsvollzieher eine vorläufige Austauschpfändung nach § 811b ZPO vornehmen, ohne den gerichtlichen Beschluss abwarten zu müssen. Das setzt aber voraus, dass „eine Zulassung [der Austauschpfändung] durch das Gericht zu erwarten“ ist.
Außerdem muss der Gläubiger innerhalb von zwei Wochen nach dieser vorläufigen Maßnahme einen Antrag auf Austauschpfändung beim Vollstreckungsgericht stellen. Anderenfalls muss der Gerichtsvollzieher die Pfändung wieder aufheben.
Im Video: Sachpfändung