Das Wichtigste zu § 131 Insolvenzordnung
Der Insolvenzverwalter darf bestimmte Rechtshandlungen des Schuldners anfechten, wenn diese zu einer Gläubigerbenachteiligung führen. Der durch die Handlung des Schuldners bevorzugte Gläubiger muss das Erlangte dann zur Insolvenzmasse zurückgewähren. Mithilfe der Insolvenzanfechtung stellt der Insolvenzverwalter eine gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger sicher.
Anfechtbar sind beispielsweise Schenkungen und andere unentgeltliche Leistungen des Schuldners im Sinne des § 134 InsO. Nach § 131 InsO darf der Insolvenzverwalter Handlungen des Schuldners anfechten, die eine sogenannte inkongruente Deckung darstellen.
Inkongruente Deckung bedeutet laut Definition in § 131 InsO, dass der Schuldner dem Gläubiger eine andere Leistung erbringt, als vertraglich vereinbart. Eine ausführliche Begriffserklärung lesen Sie in diesem Abschnitt.
Inhalt
Insolvenzanfechtung: Inkongruente Deckung im Sinne des § 131 InsO
Droht einem Schuldner die Insolvenz, so versuchen einzelne Gläubiger mitunter, den Schuldner zu Vermögensverschiebungen zu ihren Gunsten zu veranlassen. Eröffnet das Insolvenzgericht nun tatsächlich die Insolvenz, so benachteiligen derartige Rechtshandlungen alle anderen Gläubiger, weil dadurch die Insolvenzmasse, das pfändbare Schuldnervermögen, schrumpft.
Eine solche Bevorzugung einzelner Gläubiger zu Lasten der anderen Gläubiger widerspricht jedoch dem gesetzlichen Ziel des Insolvenzverfahrens. Nach § 1 InsO bezweckt dieses Verfahren eine gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger, „indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt“ wird.
Deshalb darf der Insolvenzverwalter bestimmte Rechtshandlungen des Schuldners anfechten, die dieser vor der Insolvenzeröffnung vorgenommen hat und die die Insolvenzgläubiger benachteiligen. Der bevorzugte Gläubiger muss dann das Erlangte wieder zur Insolvenzmasse zurückgewähren. Ein solcher Anfechtungsgrund ist die sogenannte inkongruente Deckung im Sinne des § 131 InsO, also eine Leistung, die dem Gläubiger in dieser Form gar nicht zusteht.
Was ist eine inkongruente Deckung?
Nach § 131 InsO sind Rechtshandlungen des Schuldners anfechtbar, …
„die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte […]“
Das heißt, der Schuldner gewährt dem Gläubiger eine inkongruente Leistung, die von der vertraglich geschuldeten Leistung abweicht.
Dabei unterscheidet die § 131 Abs. 1 InsO drei Formen der inkongruenten Leistung:
- Der Gläubiger hat die gewährte Leistung nicht zu beanspruchen: Der Schuldner erfüllt zum Beispiel eine bereits verjährte Forderung.
- Die gewährte Leistung war nicht in der Art geschuldet: Statt der vereinbarten Barzahlung erbringt der Schuldner eine andere Leistung. Er tritt beispielsweise eine eigene Forderung an den Gläubiger ab oder überlässt ihm Waren statt Geld.
- Die Leistung war nicht zu der Zeit zu erbringen: Der Schuldner bezahlt eine Forderung, obwohl diese noch gar nicht fällig ist.
Eine solche Inkongruenz im Sinne des § 131 InsO weist darauf hin, dass sich der Schuldner in einer finanziellen Krise befindet. Weil Schuldner erfahrungsgemäß nur das leisten, was sie vertraglich schulden, müssen Gläubiger, die eine inkongruente Leistung erhalten, stutzig werden. Sie gelten bei einer Insolvenzanfechtung nicht als schutzwürdig.
§ 131 InsO: Voraussetzungen für eine Anfechtung
Gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO berechtigt eine inkongruente Deckung immer zur Anfechtung, wenn die Leistung „im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist.“ Denn eine solche Abweichung vom vertraglich Vereinbarten deutet gewöhnlich auf eine finanzielle Krise des Schuldners hin.
Erfolgte die Handlung im zweiten oder dritten Monat vor dem Insolvenzantrag, …
- so muss der Schuldner laut § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig gewesen sein oder
- dem Gläubiger muss nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO zu dieser Zeit bekannt gewesen sein, dass die Handlung des Schuldners zu einer Gläubigerbenachteiligung führt. Dafür reicht bereits die Kenntnis von entsprechenden Hinweisen und Indizien. Handelt es sich bei dem Gläubiger um eine dem Schuldner nahestehende Person, so wird ihre Kenntnis vermutet.